22 Jan. 2018

PERSONALAUSWAHL 4.0

PERSONALAUSWAHL 4.0

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Recruiting für Fortgeschrittene: Worauf achten Personaler, wenn sie eine offene Stelle bestmöglich besetzen wollen?

Um Vorurteile zu vermeiden, setzen einige große Unternehmen auf anonymisierte Anschreiben oder Bewerbungsgespräche in einer sogenannten Blackbox. Während personenbezogene Daten damit zum Zwecke einer erhöhten Objektivität in den Hintergrund rücken, tritt die Stimme des Bewerbers in den Fokus. Auch kleine und mittelständische Unternehmen können sich inspirieren lassen.

ANONYMISIERUNG DER PERSONALAUSWAHL

Neues Jahr, neue Vorsätze: Employer Branding bedeutet, sich als Arbeitgeber positiv darzustellen und sich vom Wettbewerb abzuheben. Recruiting und Employer Branding müssen zusammen gedacht werden, denn Verbesserungen im Bewerbungsprozess können sich positiv auf die Arbeitgebermarke auswirken. Das neue Jahr bietet eine gute Möglichkeit, die Personalauswahl zu optimieren. In Bewerbungssituationen wird oft nach Alter, Geschlecht und Nachnamen selektiert. Von Vorurteilen geprägte Entscheidungen sind für den Bewerber unfair und können langfristig jedem Unternehmen und Betrieb schaden. Deshalb setzen viele Firmen auf einen objektiven und transparenten Bewerbungsprozess. Eine Möglichkeit stellen dabei sogenannte anonymisierte Bewerbungsschreiben dar. Erste Fehlentscheidungen können bereits beim Durchsehen der Bewerbungsunterlagen getroffen werden: So bekam bei einem fiktiven Anschreiben eine Frau mit Migrationshintergrund und Kopftuch eine geringere positive Rücklaufquote als eine deutsche Frau ohne Kopftuch. Große Unternehmen wie die Deutsche Telekom haben im Rahmen eines Pilotprojekts auf personenbezogene Daten wie Name, Adresse, Geburtsdatum, Nationalität und Foto verzichtet. Ein anonymisierter Bewerbungsprozess kann helfen Ungleichheiten bei der Jobsuche abzubauen: Laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes profitieren dabei vor allem Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund. Da man sich nie von der emotionalen Seite einer Entscheidung freimachen kann, kann Anonymität hilfreich sein, um Objektivität zu fördern. Einen breiten Trend zur Anonymisierung gibt es bisher aber nicht. Tendenziell zeigen sich eher Bewerber offen für ein Anschreiben ohne Foto und Namen. Dennoch gibt es einige Unternehmen, die eine vorurteilsfreie Personalauswahl für wichtig erachten und praktizieren.

 

MIT BLIND RECRUITING GEGEN VORURTEILE

Darf es noch ein bisschen mehr sein? Im Sinne einer möglichst objektiv gestalteten Personalauswahl, geht das sogenannte Blind Recruiting einen Schritt weiter im Bewerbungsprozess. Denn dabei werden Bewerber in vollständiger Dunkelheit ausgewählt – wortwörtlich blinde Personalbeschaffung. Das Prinzip ist einfach: Bewerber und Recruiter sitzen sich in einer Blackbox gegenüber, einzig die Stimme zählt. Auch hier gibt es einige Vorreiter, die Vorstellungsgespräche in absoluter Dunkelheit getestet haben, darunter der deutsche Discounter Aldi. Bekanntlich haben Äußerlichkeiten keinen Einfluss auf die Qualifikation eines Bewerbers, dennoch lassen sich Personaler häufig vom Aussehen ablenken. Ein Vorteil der Blind Recruiting Methode besteht hier darin, dass alle ablenkenden Faktoren ausgeschaltet werden und nur der Inhalt zählt. Das Ziel ist ein Gespräch ohne Vorurteile – auf keiner der beiden Seiten. Eine Blackbox kann im Rahmen eines ersten Kennenlernens oder Speed-Datings sinnvoll sein. Letztlich kommt es jedoch nicht nur darauf an, was gesagt wird, sondern auch wie.

DIE STIMME ZÄHLT

Wie? Mithilfe einer sogenannten Sprachsoftware, lässt sich viel über Bewerber herausfinden – zum Teil wird dabei auf mehreren psychologischen Ebenen gearbeitet. Sprachsoftwares werden auch im Bereich der Schulung von Führungskräften genutzt. Untersucht wird vor allem, wie etwas gesagt wird:  Auf der einen Seite wird die Stimmführung oder die Tonlage, auf der anderen Seite der Satzbau oder die Wortwahl analysiert. Ergebnisse entstehen dann durch spezielle Algorithmen, die sprachliche Variablen mit psychologischen Merkmale zusammenführen. So kann eine Software mehr über Mitarbeiter und Bewerber herausfinden, als diese womöglich selbst über sich wissen. Im Bewerbungsprozess untersucht die Software, ob Bewerber persönlich zum Unternehmen aber auch zum Job passen. Beispielsweise müssen in einem Telefoninterview mehrere Fragen vom Bewerber beantwortet werden, die wiederum von der Sprachsoftware ausgewertet werden. Ein Vorteil ist dabei, dass es sich meist um die gleichen Fragen handelt, unabhängig davon, welcher Job zu vergeben ist. So lassen sich gute Einblicke in typische Verhaltensweisen und die Persönlichkeit einer Person gewinnen.

Viele Personalleiter bevorzugen persönlichere Methoden, denn die Verwendung einer Sprachsoftware wirft auch ethische Fragen auf. Sinnvoll kann eine Sprachsoftware bei großen Unternehmen mit vielen Bewerbern sein, da somit eine erste Vorauswahl getroffen werden kann.

Schließlich bleibt festzuhalten, dass Fähigkeit und Können wichtiger sind, als äußerliche Faktoren. Richtig dosiert können Anonymisierung und Sprachsoftware den Weg zu einer objektiveren und damit fairen Personalauswahl eröffnen und sich letztlich auf eine gute Arbeitgebermarke auswirken.

 

Quellen

http://www.wiwo.de/erfolg/jobsuche/bewerbungsgespraeche-blinde-personaler-casten-besser/20645244.html

 http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Pressearchiv/DE/2012/Abschlussbericht-anonymisierte-bewerbungsverfahren-20120417.html?nn=6573626

https://www.n-tv.de/ratgeber/Vorstellungsgespraeche-im-Dunkeln-article20149478.html

https://www.computerwoche.de/a/wenn-software-in-die-seele-des-bewerbers-schaut,3312154

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